Dr.-Ing. Peter Strassacker
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Subwoofer-Sonderbauformen, Grundlagen

URPS, Dipol und RiPol

In klassischen Bauformen von Lautsprechern und Subwoofern wird die Vorderseite des Lautsprechers von der Rückseite getrennt. Man hatte dabei hauptsächlich als Ziel die Schallauslöschung von rückwärtigem und frontseitigem Schall zu verhindern, die man sofort feststellt, wenn man einen Tieftöner ohne Gehäuse an einem Verstärker anschließt. Dieser Effekt wurde in der Vergangenheit oft als akustischer Kurzschluss bezeichnet.

Somit war sehr früh die geschlossene Box geboren, wo der rückseitige Schall die Box gar nicht mehr verlassen konnte. Sie hat bei ihrer Resonanzfrequenz einen Pegel P, der im Vergleich zu höheren Frequenzen wie folgt abweicht: P = 20 dB * log10 (Qtc), mit Qtc = Güte in der geschlossenen Box.

Später kam die Bassreflexbox hinzu, bei der durch das Bassreflexrohr, der Schall so verzögert wird, dass sich frontseitiger und rückwärtiger Schall nicht mehr auslöschen, sondern bei passender Auslegung im Tieftonbereich sogar addieren.

Bei der Transmission-Line Box war ursprünglich das Ziel den rückwärtigen Schall in rückwärtigen Gängen totlaufen zu lassen. Später stellte sich jedoch heraus, dass die Phasenverschiebung durch den langen Gang dazu führt, dass tieffrequente Töne sich dann von der Rückseite (bei passender Dimensionierung) zu denen der Vorderseite addieren.

URPS (Under Resonance Principle Subwoofer)

Das Quadrat der Resonanzfrequenz f des Lautsprechers hängt vom Produkt m * Fr ab, wobei:
- m die Membranmasse und
- Fr die Rückstellkraft durch
  die Membraneinspannung und
  das rückwärtige Luftvolumen ist.

Der URPS basiert darauf einen Lautsprecher unterhalb seiner Resonanzfrequenz zu betreiben. Dabei wird meist die Resonanzfrequenz hoch gesetzt, indem der Lautsprecher in einem kleinen Gehäuse eingesetzt wird. Das kleine Gehäuse hat ein kleines Volumen, das durch die Membranbewegung komprimiert und expandiert wird. Durch das besonders kleine Volumen baut sich bei jeglicher Membranauslenkung eine besonders starke Gegenkraft auf.

Je kleiner das geschlossene Gehäuse, desto weiter steigt die Resonanzfrequenz an. Frequenzgang mit LSP CAD lite

Im Bild rechts ist ein Beispiel mit Alcone AC10 HE. Der Tieftöner hat in einem geschlossenen Volumen von 26 L eine Resonanzfrequenz von 61 Hz, in einem 4,8 L Volumen 125 Hz Resonanzfrequenz.

Im kleinen Volumenverkleinerung bildet sich eine Pegelüberhöhung bei rund 150 Hz. Bei tiefen Frequenzen, beispielsweise bei 40 Hz ist die große Box mit 82,5 dB (1W,1m) wesentlich lauter als die kleine mit 70,8 dB; die 11,7 dB leiser ist, weswegen für die gleiche Lautstärke der Verstärker die 15-fache Leistung aufbringen muss.

Der Frequenzgang des URPS wird durch eine abgestimmte Equalizerschaltung geglättet, so dass er ebenso glatt ist wie der eines größeren Gehäuses.

Zusammengefasst: Die Membran des Tieftöners im URPS wird durch die steife Feder (kleines Volumen) festgehalten, weswegen sich die Resonanz nach oben verschiebt und man für gleiche Auslenkung sehr viel höhere Leistung benötigt. Da die Membran durch die steife Feder auch viel mehr belastet wird, macht sie auch stärkere Biegeschwingungen und ist insgesamt viel stärker belastet. Bei Messungen stellt man einen relativ hohen Klirrfaktor im 10%-Bereich und darüber fest (Messungen und Schaltungsdimensionierung siehe www.weidinger-online.de).

Klangbeschreibung: Abhängig von der Dimensionierung geht der Bass ebenso tief wie beim konventionellen Subwoofer; jedoch ist der Klirrfaktor (zusätzliche Obertöne, auch nichtlineare Verzerrungen genannt) deutlich höher als beim normalen Subwoofer, was wohl den Reiz des Subwoofers ausmacht.

Zusätzliche Obertöne machen den Klang lebendiger - jedoch klingt es bei Übertreibung nur noch scheußlich, was man bei überhöhter Lautstärke am URPS sofort feststellt.

Dipole

Dipol Ein Dipol zeichnet sich dadurch aus, dass er in unterschiedliche Richtungen mit entgegengesetzter Phase abstrahlt. So ist jeder nicht eingebaute Lautsprecher ein Dipol, da er nach vorn um 180 Grad gegenüber der Rückseite phasenverschoben abstrahlt.

Sind nun beide abstrahlende Flächen näher zusammen als eine Wellenlänge, oder ist die abgestrahlte Wellenlänge kleiner als der Schallwanddurchmesser D, so sinkt mit weiter fallender Frequenz der Schalldruck im Fernfeld um 6 dB pro Oktave. Dipol

Mit einem Schallwanddurchmesser von einem Meter (was der Wellenlänge von 340 Hz entspricht), fällt also mit abfallender Frequenz der Schalldruck um 6 dB pro Oktave - bei 34 Hz ist man somit bei 20 dB vermindertem Schalldruck - oder anders ausgedrückt: hier benötigt man die 10-fache Leistung um den gleichen Lautstärke-Pegel zu erreichen wie bei 340 Hz. Im Bild rechts gestrichelt: Frequenzgang eines idealen Dipols, dessen Tieftöner ohne Dipolanordnung bis herunter auf 20 Hz linear übertragen würde (der wirkliche Frequenzgang fällt also steiler ab).

Diesen Abfall könnte man mit sehr leistungsstarken Verstärkern und großen Membranen ausgleichen, jedoch gibt es Dipol-Sonderformen, bei denen das Ergebnis sehr viel attraktiver ist, die nachfolgend beschrieben werden.

Bei höheren Frequenzen gibt es frequenzabhängig immer wieder Auslöschung bzw. maximale Verstärkung, wenn die vordere und hintere Phase entgegengesetzt bzw. gleich ist (Kammfiltereffekt).

RiPole und Linkwitz H- und U-Profile

Setzt man am Lautsprecher nach vorn und nach hinten eine Röhre auf, so wird die Impedanz, die der Lautsprecher sieht, durch die nach außen offene Röhre durch die zusätzliche Luftlast verändert, so dass der Lautsprecher sogar seine Resonanz zu tieferen Frequenzen verschiebt. Resonanzfrequenz

Auf diese Weise wird die Fähigkeit Tiefbass zu erzeugen, nochmals verbessert. Dieser Effekt wird insbesondere bei den H- N- und W-Dipolen effizient ausgenutzt. Im Bild rechts dargestellt zum Tieftöner RiPol R30 in blauer Farbe die Impedanz des Tieftöners in Luft (free air-Messung) und in roter Farbe die Impedanz der Tieftöners im RiPol-Gehäuse.

Die Verschiebung der Resonanz von rund 27 Hz auf 21 Hz ist besonders erstaunlich, da jegliche zusätzliche Rückstellkraft die Resonanz anhebt.

Das Gehäuse erhöht den Strahlungswiderstand der Membran, die Luft kann nicht mehr so schnell ausweichen und dadurch auch besser komprimiert werden. Durch den so erhöhten Strahlungswiderstand sinkt die Eigenresonanz.

Eine Übersicht über alle uns bekannte Profile finden Sie in nachfolgendem Bild.
 
Dipole und RiPole
Die Profile haben akustisch eine gewisse Ähnlichkeit:

      N-Profil nach Ridtahler
N-Profil RiPol
N-Profil RiPol

Misst man den Frequenzgang einen Lautsprechers (hier der R30) im beidseitig geführten Raum (z.B.: N-Profil), dann sieht sein Frequenzgang wie im Bild rechts dargestellt aus. Man erkennt einen weit nach unten gehenden Tiefbass und bei 200-300 Hz deutliche Übertreibungen, die zu höheren Frequenzen abklingen.

Die mit steigender Frequenz vorhandenen Gipfel sind physikalisch bedingt; sie sind bei jeder Schallquelle mit zwei Strahlern aufzufinden; es ist der oben beim Dipol genannte Kammfiltereffekt.

Filtert man die Höhen mit einer 6 dB-Spule weg und unterdrückt die starke Übertreibung bei 200-300 Hz mir einem Saugkreis (L in Serie zu C), dann ergibt sich im Raum (ca 1m vom Subwoofer) unten rechts dargestellter Frequenzgang.

Dieser Dipol nach Ridtahler erzeugt einen sehr sauberen Bass der den Eindruck großer Leichtigkeit vermittelt; man hat den Eindruck dass sich weniger Resonanzen im Raum ausbilden und dass der Bass nicht zu orten ist (was man sich von einem Subwoofer so wünscht).

Linkwitz H- und U-Profile haben ein vergleichbares Verhalten. Linkwitz verwendet gerne das W-Profil mit einem umgedrehten Tieftöner, damit bei starker Nichtlinearitäten gerader Ordnung sich diese zwischen den beiden Tieftonlautsprechern zum Teil ausgleichen, wodurch der Klirrfaktor etwas gesenkt werden kann.